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Villa Ingenohl

Villa Ingenohl – Architektur, Geschichte und Wandel

Die Villa Ingenohl blickt auf über 125 Jahre bewegte Geschichte zurück – von der bürgerlichen Residenz über den ersten Sitz des Auswärtigen Amtes bis hin zum heutigen Ausgangspunkt für Handeln und Gestalten in sozialer Verantwortung. 

Die Villa Ingenohl zählt, als Teil des ehemaligen Parlaments- und Regierungsviertels, zu den bedeutenden historischen Bauwerken Bonns. Eindrucksvoll über dem Rheinufer gelegen, ist sie nicht nur ein herausragendes Beispiel für bürgerliche Villenarchitektur des späten 19. Jahrhunderts, sondern auch ein Ort mit zentraler Bedeutung für die Geschichte der Bundesrepublik Deutschland.  

“Die Qualität der Baukörper, Grundrisse und die räumliche Gestaltung des Entwurfs zeigen in ihrer Gesamtheit einen gemeinsamen Gedanken und eine Haltung auf, die in inspirierender Weise Raum für geistige und persönliche Entwicklung bieten.”

Von 1895 bis 1919

Die Baugeschichte der Villa Ingenohl

Ⓒ Kai Weissenfeld

Die Villa Ingenohl entstand zwischen 1895 und 1897 im Zuge der zweiten Bebauungsphase des Bonner Rheinufers nach der Parzellierung des Parks der benachbarten Villa Krantz. Bauherr war Carl Ingenohl, der den südöstlichen Teil des Geländes erwarb. Das Grundstück wurde durch einen Privatweg – heute die Raiffeisenstraße – mit der damaligen Coblenzerstraße (heute Adenauerallee) verbunden. Für den repräsentativen Neubau beauftragte Ingenohl den Regierungsbaumeister Zengler.

Die Villa ist ein zweigeschossiger Putzbau im italienischen Palazzostil mit hohem Sockel, Mezzaningeschoss, flachem Walmdach, prägnanten Gesimsen und einem polygonalen Standerker mit Balkon zur Rheinseite. Ihre architektonische Gestaltung macht sie zu einem wichtigen Zeugnis der bürgerlichen Baukunst der Gründerzeit in Bonn.

Bereits 1919 wurde die Villa umgebaut. Frau Ingenohl beantragte die Modernisierung, bei der unter anderem ein Vorflur, eine Garderobe und sanitäre Anlagen im Eingangsbereich geschaffen wurden. 1927 ging die Villa in den Besitz der Studentenverbindung Corps Saxonia über, zu deren Mitgliedern auch der preußische Kulturpolitiker Friedrich Althoff gehörte, der mit Marie Ingenohl verheiratet war. Später diente sie unterschiedlichen Zwecken – unter anderem als Quartier für das SS-Führerkorps sowie als Sitz des Hauptzollamts.

Film: Die Villa Ingenohl - von der weißen Villa in die Welt

Von der Nachkriegszeit bis 1999 – Bundesnutzung und historische Bedeutung

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Bonn im Mai 1949 zum vorläufigen Regierungssitz der neu gegründeten Bundesrepublik Deutschland. Die Villa Ingenohl wurde in diesem Zusammenhang zu einer bedeutenden staatlichen Liegenschaft: Ab 1949 diente sie als Dienststelle für Auswärtige Angelegenheiten des Bundeskanzleramtes. Später war die Villa Standort für die Ausbildung des diplomatischen Nachwuchses.

Parallel zur Villa, entstand auf dem Gelände die sogenannte „AA-Baracke“ – ein Montagebau von 1949, der bis in die 1990er Jahre als Wohnheim für den diplomatischen Nachwuchs genutzt wurde. Die „AA-Baracke“ war Symbol für die bescheidenen Anfänge der bundesdeutschen Außenpolitik und in Kombination mit der Villa Ingenohl prägte sie die Frühzeit der deutschen Außenpolitik entscheidend mit. Als „Keimzelle des Auswärtigen Amtes“ hat die Villa eine besondere geschichtliche Bedeutung – sowohl für die Bundesrepublik Deutschland als auch für die Stadt Bonn.

Bis 1999 blieb die Villa in Bundesnutzung, zuletzt als Kindertagesstätte. Nach dem Umzug des Auswärtigen Amtes nach Berlin stand das Gebäude leer, seine Zukunft war ungewiss.

Neubeginn ab 2008 – Erhalt und Integration auf dem Montag Campus 

Nach Jahren des Leerstands und schwerwiegenden Bauschäden – unter anderem durch einen Wasserschaden – erwarb die Carl Richard Montag Förderstiftung im Jahr 2008 die denkmalgeschützte Villa. Trotz erheblicher Schäden und eines 2017 gestellten Abrissantrags, der von der Stadt Bonn abgelehnt wurde, blieb die Villa erhalten. 

Ab 2021 beginnt ein neues Kapitel: Die Villa Ingenohl wird integraler Bestandteil des Montag Campus und der dortigen Stiftungsarbeit. Damit ist sie nach über 125 Jahren erneut ein Ort der Bildung, des Engagements und der Zukunftsgestaltung.