Montag Stiftung Jugend und Gesellschaft

Ganztag und Raum

Wie lässt sich gute inklusive ganztägige Bildung in bestehenden Räumen umsetzen? Um Lösungen für den durch den kommenden Rechtsanspruch auf ganztägige Förderung steigenden Bedarf an Ganztagsplätzen aufzuzeigen, entwickeln wir gemeinsam mit allen Beteiligten aus Schule, Verwaltung, Jugendhilfe und Schulaufsicht neue Nutzungskonzepte für einen kindgerechten Ganztag. Organisation, Pädagogik und Raum greifen dabei ineinander.

Ganztag und Raum: Das Projekt

In Zukunft hat jedes Kind im Grundschulalter Recht auf einen Platz zur ganztägigen Förderung. Das sieht das Ganztagsförderungsgesetz vor, das ab 2026 stufenweise umgesetzt wird.

Für Kommunen bedeutet das: Der Bedarf an Ganztagsplätzen nimmt zu. Dabei ist das räumliche Angebot der Schulen begrenzt. Auch ist die Qualität der Angebote nach dem starken quantitativen Ausbau ganztägiger Bildung seit der Einführung 2003 sehr unterschiedlich. An vielen Orten funktioniert Ganztag noch nach dem Modell „vormittags Schule und nachmittags Betreuung“. Das Potenzial, das in der Zusammenarbeit von multiprofessionellen Teams und der Verbindung formaler, non-formaler und informeller Bildungsangebote liegt, wird kaum ausgeschöpft.

Das Nebeneinander unterschiedlicher Zuständigkeiten spiegelt sich auch in der räumlichen Nutzung und vor allem in getrennten Räumen für „Schule“ und „Betreuung“. Es fehlt an vielen Orten die Praxis, um Flächen für ganztägige Bildung gemeinschaftlich zu verstehen, zu entwickeln und zu bespielen. Stattdessen gibt es die Forderung nach einem „Mehr“ an Fläche, um die wachsende Anzahl von Schüler*innen im Ganztag aufzunehmen.

Hier setzt das Projekt Ganztag und Raum an. Es verbindet Erkenntnisse aus den Handlungsfeldern Pädagogische Architektur und Inklusive ganztägige Bildung. Die Idee ist, Ganztagsschulen im Primarbereich auf ihrem Weg zu einer neuen Praxis im Umgang mit Raum und Fläche zu unterstützen. So kann es gelingen, inklusive Ganztagsschulentwicklung mit dem Ansatz der räumlichen Nutzung aller Flächen, auch außerschulischer Flächen im Quartier, über den gesamten Tag voranzubringen.

Projektziel

Ziel des Projektes ist es, anhand von Pilotprojekten integrierte Nutzungskonzepte zu entwickeln, die die additiven Strukturen von „Schule (Bildung)“ und „Jugendhilfeangeboten (Betreuung)“ sowohl pädagogisch-didaktisch als auch organisatorisch und räumlich auflösen.

Dahinter steht die These, dass bei einem ausreichenden Flächenkontingent viele Standorte ihren wachsenden räumlichen Bedarf an Ganztagsplätzen weitgehend decken können, indem sie die additive Struktur auflösen und räumliche Potenziale im Quartier mit einbeziehen. Das Projekt konzentriert sich gezielt auf Bestandsgebäude: An vielen Stellen muss jetzt auf den steigenden Bedarf reagiert werden – schon geringe bauliche Maßnahmen und Anpassungen der Möblierung können Schulen helfen, kurzfristig integrierte Nutzungskonzepte im Bestand zu entwickeln.

Darüber hinaus unterstützt das Projekt kommunale Schul- und Jugendhilfeträger dabei, geeignete Maßnahmen zu definieren, um Bundesmittel im Zuge des Ganztagsförderungsgesetzes gezielt zu investieren.

Was ist ein integriertes Nutzungskonzept?

Ein Integriertes Nutzungskonzept verbindet die pädagogische und die organisatorische Perspektive mit der räumlichen. Darin richtet sich die Nutzung der Flächen und Räume nicht mehr nach Tageszeiten und Zuordnungen (Schule/Betreuung), sondern orientiert sich an pädagogischen Anforderungen und Aktivitäten.

Damit dies funktioniert, müssen die Räumlichkeiten gemeinsam genutzt werden. Voraussetzung dafür ist, dass die bisher getrennten Bildungsangebote ineinandergreifen. Kurz gesagt: Vormittag und Nachmittag müssen mit- statt nacheinander arbeiten. Hierfür müssen sich Lehrkräfte und pädagogische Mitarbeiter*innen auf Grundlage eines gemeinsamen Bildungsverständnisses als gemeinsames Team begreifen. 

So kann auch eine gemeinsame Raumnutzung befördert werden. Der Blick wird dabei auf alle zur Verfügung stehenden Flächen gelenkt. Ausgestaltung, Ausstattung und Möblierung der Räume werden an die neuen Bedarfe angepasst. Die Entwicklung eines integrierten Nutzungskonzepts ist damit ein iterativer Prozess in der Wechselwirkung zwischen Raum, Organisation und Pädagogik.

Die Pilotprojekte

In insgesamt fünf Pilotprojekten entwickeln wir gemeinsam mit Schulen, Verwaltungen, Jugendhilfen und Schulaufsichten innovative räumlich-pädagogische Ganztagskonzepte. Indem wir vor Ort alle Beteiligten einbinden, sorgen wir dafür, dass sich die erarbeiteten Konzepte auch auf andere Standorte in den Kommunen übertragen lassen. So stellen wir die nachhaltige Wirkung sicher.

Dabei bringen wir in die Pilotprojekte unsere Expertise und Erfahrungen aus den Handlungsfeldern Pädagogische Architektur und Inklusive ganztägige Bildung ein. Zusätzlich beauftragen wir jeweils ein Prozessbegleitungsteam aus Pädagog*innen und Architekt*innen, die den Prozess vor Ort mit Workshops begleiten und gemeinsam mit dem Standort ein Konzept mit konkreten Maßnahmen erarbeiten.

Hierzu gehören beispielsweise eine kindgerechte Rhythmisierung von Lernphasen über den ganzen Tag, die Entwicklung eines gemeinsamen Bildungsverständnis, die Förderung von multiprofessionellen Teamstrukturen,  kleine Umbaumaßnahmen sowie die Anpassung von Raumnutzungen und Möblierung.

Pilotstandorte

2022/23

2023/24

Die vier Pilotstandorte 2023/24 wurden in einem mehrstufigen Verfahren durch eine interdisziplinär besetzte Fachjury aus mehr als 40 Bewerbungen ausgewählt. Damit aber auch alle anderen interessierten Kommunen von dem Projekt profitieren können, werden die Prozesse in den Pilotprojekten umfassend dokumentiert und die Ergebnisse veröffentlicht. Zudem gibt es begleitende Netzwerkveranstaltungen.

Dokumentation
Pilotprojekt Ulm – Martin-Schaffner-SchuleZur Dokumentation

2022/2023 haben wir im Pilotprojekt an der Martin-Schaffner-Schule in Ulm gemeinsam mit Schule, Jugendhilfe und Verwaltung ein integriertes Nutzungskonzept in den Bestandsgebäuden entwickelt: Multiprofessionelle Teamarbeit auf Grundlage eines gemeinsamen Bildungsverständnis, eine kindgerechte Rhythmisierung und eine darauf angepasste Möblierung ermöglichen die Verzahnung von Vormittag und Nachmittag bei geringen Umbaumaßnahmen. Hier finden Sie die Dokumentation des Prozesses und der Ergebnisse.

Ganztag und Raum: Netzwerk

Damit auch andere Standorte von den Ergebnissen aus den Pilotprojekten profitieren können, dokumentieren wir die Prozesse und organisieren regelmäßige Netzwerkveranstaltungen. So sorgen wir für den nötigen Wissenstransfer und dafür, dass unser Projekt möglichst breitenwirksam und im besten Sinne nachhaltig wirkt.

Die Termine finden Sie auf dieser Website, unseren Social-Media-Kanälen und in unserem Newsletter.