Montag Stiftung Denkwerkstatt

500 Losbürgerinnen und Losbürger suchen Lösungen für die Bildungskrise

Pressemeldung: Bonn, 17. Mai 2021

Ein neuer Bürgerrat für Deutschland

Das deutsche Bildungssystem steckt mitten in der Krise. Durch die Pandemie werden die Versäumnisse der zurückliegenden Jahre besonders sichtbar. Wenige Monate vor der Bundestagswahl belegen Umfragen die große Unzufriedenheit der Menschen mit der Bildungspolitik. Auf die Frage, was sie sich von der Politik neben der Bekämpfung der Pandemie am meisten wünschen, antworten 69 %: ein besseres Schul- und Bildungssystem. Deutlich dahinter rangieren Aufgaben wie Friedenssicherung, Stärkung des Gesundheitssystems, Bekämpfung der Kriminalität, Umwelt- und Klimaschutz (Quelle: Forsa-Umfrage 2021). Doch was muss getan werden, um unser Bildungssystem nachhaltig zu verbessern? Dieser Frage stellen sich nun die 500 zufällig ausgelosten Teilnehmerinnen und Teilnehmer bei Deutschlands neuem Bürgerrat Bildung und Lernen. Initiiert wird die bundesweite und losbasierte Bürgerversammlung von der Montag Stiftung Denkwerkstatt. Das Projekt ist auf zunächst drei Jahre angelegt.

Bürgerrat Bildung und Lernen startet erstes Bürger- und Jugendforum am 28. Mai

Vom 28. bis 29. Mai 2021 findet das erste große Bürger- und Jugendforum des neuen Bürgerrats statt. Wegen der aktuellen Situation wird das Zusammentreffen als Online-Konferenz durchgeführt. Die Bürgerinnen und Bürger erarbeiten ihre Empfehlungen in einem mehrstufigen Prozess. Im Herbst übergibt der Bürgerrat Bildung und Lernen die ersten Ergebnisse dann an verantwortliche Stellen der Politik in Bund, Ländern und Kommunen. „Im Bildungssystem insgesamt sind Versäumnisse über Jahrzehnte hinweg zu konstatieren, von Innovations- und Veränderungsresistenz, von Ideen- und Mutlosigkeit, Neues zu wagen“, sagt Initiator Karl-Heinz Imhäuser, Vorstand der Montag Stiftung Denkwerkstatt. „Doch will man die Probleme im Bildungsbereich ernsthaft angehen, braucht es neue und vor allem viele Perspektiven. Jeder Mensch hat mit Bildung und Lernen zu tun – ein Leben lang, nicht nur in der Schule. Diese Perspektiven und Erfahrungen der Bürgerinnen und Bürger mit dem Bildungssystem müssen gehört und aufgenommen werden.“

Aktive Einbindung von Kindern und Jugendlichen

Bemerkenswert ist die hohe Zahl von 500 Losbürgerinnen und -bürgern, die beim Verfahren dieses Bürgerrats zum Einsatz kommen – viele andere Bürgerrate werden bisher lediglich mit zwischen 99 und 160 Teilnehmerinnen und Teilnehmern besetzt. Darüber hinaus ist es dem Bürgerrat Bildung und Lernen ein wichtiges Anliegen, dass insbesondere auch Kinder und Jugendliche in das Verfahren einbezogen werden. So nehmen beim Bürger- und Jugendforum rund 100 Jugendliche ab 16 Jahren teil. Für jüngere Kinder und Jugendliche (von 9 bis 16 Jahren) sind im Juni Werkstätten geplant, die das große Forum ergänzen. Die Themenauswahl für das zweitägige Bürger- und Jugendforum wurde von den Losbürgerinnen und -bürgern selbst getroffen. Bei einem Vorbereitungsworkshop im März hatten sich rund 27 ausgeloste Teilnehmerinnen und Teilnehmer auf acht Schwerpunktthemen des Bürgerrats Bildung und Lernen verständigt. Im Fokus der Diskussionen stehen die Themen „Chancengleichheit“, „Ressourcen & Ausstattung“, „Digitalisierung“, „Lehrkräfte & Erziehende“, „Demokratieförderung“, „Individuelles, ganzheitliches Lernen & Lernkultur“ und „Stärkung der Lernenden durch Zusammenarbeit der Bildungsakteur/-innen“.

Das Prinzip Zufallsauswahl

In Deutschland sind mit dem Bürgerrat Bildung und Lernen und dem Bürgerrat Klima aktuell zwei Bürgerräte auf Bundesebene aktiv. Ihr Ziel ist es, gesellschaftlich wichtige Fragen nicht ausschließlich auf parlamentarischer Ebene zu diskutieren, sondern auch die Bürgerinnen und Bürger aktiv in die Suche nach Lösungsansätzen einzubeziehen. Damit in dem mehrstufigen Prozess ein Querschnitt der Bevölkerung zu Wort kommt wie in einer Art Mini-Deutschland, werden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer von Bürgerräten anhand demografischer Daten per Losverfahren ermittelt. International gelten Bürgerräte als geeignetes Instrument, um Bevölkerung und Politik wieder näher zusammenzubringen.

Was sich die Deutschen von der Politik am meisten wünschen: Die Bekämpfung der Pandemie und ein besseres Bildungssystem.

Das deutsche Bildungssystem steht in der Kritik. Lediglich bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie sehen noch mehr Menschen (77 %) einen dringlichen Handlungsbedarf für die Politik. Aufgaben wie die Erhaltung des Friedens und der äußeren Sicherheit (60 %), Stärkung des Gesundheitssystems (58 %), Bekämpfung von Kriminalität und Gewalt (50 %), Umwelt- und Klimaschutz (47 %) rangieren deutlich dahinter, so die Ergebnisse einer repräsentativen Forsa-Umfrage im Auftrag von RTL und STERN (1/2021). Forsa fragte auch, wo die Deutschen die drei größten Probleme beim Thema Schule sehen: Am häufigsten genannt wurde die unzureichende digitale Ausstattung der Schulen und die Internetversorgung (67 %), gefolgt von der Benachteiligung von Kindern aus sozial schwachen oder bildungsfernen Familien (47 %), den unterschiedlichen Schulsystemen der Länder (41 %) und der unzureichenden digitalen Kompetenz der Lehrer (41 %). Die unzureichende Betreuung der Schüler beim Fernunterricht nannten nur 30 % der Befragten als eines der drei größten Probleme.

Fahrplan des Bürgerrats Bildung und Lernen für 2020/21:

Oktober 2020 bis Februar 2021: Öffentlicher Online-Dialog
Bürger/-innen haben im ersten Schritt Lösungsvorschläge für ein zukunftsfähigeres Bildungssystem zusammengetragen.

19./20. März 2021: Vorbereitungsworkshop
zum ersten Bürgerforum im Mai

29. und 30. Mai 2021: Erstes Bürgerforum (Online)
mit mehr als 500 ausgeloste Teilnehmer/-innen

Ab Juni 2021: Jugendforen
Kinder und Jugendliche (unter 16 Jahren) entwickeln eigene Ideen in verschiedenen Werkstätten

September 2021: Zentraler Bürgerrat

Oktober 2021: Öffentlicher Online-Dialog
Abstimmung über die Empfehlungen des Bürgerrats

November 2021: Übergabe der Bürgerrats-Empfehlungen an die Politik

2022: Ein neuer Durchlauf des Bürgerrats startet
Das Projekt ist auf insgesamt drei Jahre angelegt.

Sabine Milowan
Tel.: +49 (228) 26716-633

Über die Montag Stiftung Denkwerkstatt

Die Montag Stiftung Denkwerkstatt ist eine unabhängige gemeinnützige Stiftung und gehört zu den Montag Stiftungen in Bonn. Im Sinne des Leitbilds der Stiftungsgruppe „Handeln und Gestalten in sozialer Verantwortung“ übernimmt sie die Aufgabe, gesellschaftlich relevante, zukunftsweisende Themen aufzuspüren, den konstruktiven Austausch mit Menschen aus unterschiedlichen Lebenswelten zu suchen und soziale Veränderungsprozesse anzustoßen. Die Montag Stiftung Denkwerkstatt konzipiert, moderiert und organisiert Veranstaltungen, Dialogforen und Werkstätten für unterschiedliche Teilnehmerkreise, für Expertinnen und Experten verschiedener Fachgebiete ebenso wie für die allgemeine Öffentlichkeit.
 

Über die Montag Stiftungen

Die Montag Stiftungen sind eine unabhängige und gemeinnützige Stiftungsgruppe in Bonn. Zu ihr gehören die Montag Stiftung Jugend und Gesellschaft, die Montag Stiftung Urbane Räume, die Montag Stiftung Kunst und Gesellschaft und die Montag Stiftung Denkwerkstatt. Im Sinne des Leitmotivs „Handeln und Gestalten in sozialer Verantwortung“ arbeiten die Stiftungen jeweils operativ eigenständig und projektbezogen in den Handlungsfeldern Pädagogische Architektur, Chancengerechte Stadtteilentwicklung, Teilhabe in der Kunst, Bildung im digitalen Wandel, Zukunftskonzepte und Inklusive ganztägige Bildung.

Die Carl Richard Montag Förderstiftung als Dachstiftung und Eigentümerin des Stiftungsvermögens finanziert die projektbezogene Stiftungsarbeit im Sinne des Stifters Carl Richard Montag. Unterstützt wird sie von der Montag Stiftung Denkwerkstatt als Impulsgeberin und Ideenschmiede, die auch die strategische Beratung sowie die übergeordnete Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit der Stiftungsgruppe verantwortet.